Pathological Demand Avoidance (PDA, dt. „pathologische Anforderungsvermeidung”) oder auch Pervasive Drive for Autonomy (dt. „allgegenwärtiger Drang nach Autonomie) ist ein Profil im Autismusspektrum, das vor allem im deutschsprachigen Raum noch sehr unbekannt ist. PDA zeichnet sich durch einen lebensnotwenigen Drang nach Autonomie, Kontrolle und Gleichberechtigung aus, der im Zweifelsfall sogar andere Überlebensinstinkte überschreiben kann.

Wann immer ein Mensch im PDA-Profil seine Autonomie, Kontrolle oder Gleichbehandlung verliert oder nur das Gefühl hat, sie zu verlieren, registriert sein Nervensystem eine existentielle Gefahr und schaltet in den Überlebensmodus. Sein Körper reagiert mit einem Fight, Flight, Freeze oder Fawn Verhalten. Auslöser kann jede Art von Anforderung sein, sowohl explizite Anforderungen wie „Zieh deine Schuhe an!“ auch implizite, wie z.B. das Wissen, ohne Schuhe das Haus nicht verlassen zu können. Ferner können sich auch der Einfluss einer höheren Macht („Es regnet und ich werde nass“) oder körperliche Empfindungen („Ich muss auf die Toilette“) wie ein Kontrollverlust anfühlen.

Die einzelnen Aktivierungen des Nervensystems akkumulieren sich über den Tag aber auch über Wochen, Monate und Jahre. Wird das individuelle Toleranzfenster des PDAlers überschritten, kommt es zu einem Meltdown. Geschieht dies immer wieder und erfolgt keine adäquate Begleitung und CO-Regulation, kann es zum autistischen Burnout kommen, in dem essenzielle alltägliche Handlungen wie Nahrungsaufnahme, Schlaf oder Hygiene nicht mehr möglich sind.

Traditionelle Erziehungsmethoden, die auf einem ganz klaren Hierarchiegefälle basieren und mit starren Grenzen sowie Belohnungen, Konsequenzen oder sogar Strafen arbeiten, funktionieren bei Kindern im PDA-Profil nicht. Im Gegenteil: Über kurz oder lang landen Kinder, die traditionell erzogen werden, im Burnout. Je nach Definition kann aber auch eine zugewandte, bedürfnisorientierte Erziehung problematisch sein. Im Bestreben, die Bedürfnisse des eigenen Kindes in Erfahrung zu bringen, setzen viele bedürfnisorientierte Eltern auf Fragen und Hinterfragen. Aber auch Fragen sind zusätzliche Anforderungen und wenn sie zudem noch „ungefragt“ gestellt werden, kann sich das wie ein Kontrollverlust anfühlen.

Bedürfnisorientierte Erziehung kann aber auch bei Kindern im PDA-Profil erfolgreich sein – bzw. ist sie nach aktuellen Erkenntnissen die beste Möglichkeit, um diese Kinder zugewandt zu begleiten. Wichtig hierfür ist das Erkennen und Berücksichtigen des obersten Bedürfnisses nach Autonomie, Kontrolle und Gleichberechtigung. Was dabei herauskommt wird im Englischen auch „low-demand parenting“ genannt – ein Erziehungsstil bei dem u.a. Anforderungen auf ein absolutes Minimum zurückgefahren werden, um das Nervensystem des eigenen Kindes möglichst selten zu aktivieren.